Kolypan

Was wäre, wenn den Menschen plötzlich die Fantasie abhandenkäme? – Es ist nicht auszudenken. Womöglich würden wir im Sumpf der Traurigkeit versinken wie die Schildkröte Uralte Morla aus Michael Endes Roman «Die unendliche Geschichte». Dass dieses Unglück nicht geschieht, dafür setzt sich die Theatergruppe Kolypan seit bald zwanzig Jahren unermüdlich ein, mit Hingabe, Humor und grossem Erfolg. Und neuerdings sogar mit städtischer Unterstützung. Dieses Jahr hat die Gruppe den Zuschlag für die dreijährige Förderung der Stadt Zürich für ihre künstlerische Arbeit erhalten.
Und weil Kolypan seit seinen Anfängen regelmässiger Gast am Theater Spektakel ist, schenkt es ihm zu seinem 40. Geburtstag die Uraufführung der «Unendlichen Geschichte». Das ist ein in jeder Hinsicht passendes Geschenk, denn das Buch von Michael Ende ist genauso alt wie das Theaterfestival − und genauso aktuell und inspirierend. Es geht darin um nichts Geringeres als die Rettung der Fantasie vor dem alles verschlingenden Nichts. In gewohnt trashig-witziger Manier erzählen Fabienne Hadorn und Gustavo Nanez die Geschichte des schüchternen Jungen Bastian Balthasar Bux, der lesend in ein Buch eintaucht und so nach Phantásien gelangt. Dort trifft er den Helden Atréju und den singenden Glücksdrachen Fuchur und erhält den Auftrag, die Kindliche Kaiserin und ihr Reich vor dem sich ausbreitenden Nichts zu retten. Eine gewaltige Aufgabe, die Heldenmut verlangt. Doch woher soll der kleine Bastian den nehmen? Wo er doch ein Angsthase ist und ein Versager?

Kolypan zeigt, wie es geht, und fordert das Publikum zur Mithilfe auf. In einer Mischung aus packendem Erzählund Objekttheater mit Musik lassen Fabienne Hadorn und Gustavo Nanez auf einem verstaubten Dachboden eine zauberhafte Welt entstehen. Sie schlüpfen virtuos in die unterschiedlichsten Rollen und hauchen einfachen Objekten Leben ein. So verwandelt sich ein Sessel kurzerhand in die Schildkröte Morla, und eine Plastikfolie wird mit Hilfe eins Ventilators zum Glücksdrachen Fuchur. (kdi)