«Titre provisoire» is the result of a collaboration between the Lebanese actress Chrystèle Khodr and the Syrian director Waël Ali, who now lives in France. This quiet, melancholic piece is based on a tape cassette from 1976, which Chrystèle Khodr accidentally found in her parents’ house in Beirut. It was recorded by her uncle, who fled with his family to Sweden during the war in Lebanon. On the cassette he allows his relatives to take part in his life in a foreign country. It is the starting point for a sensitive search for roots. Things told, remembered and imagined not only bring to life the portrait of a family whose members haved lived and died far from the country of their birth in the past hundred years, but also portray a region continuously marked by war and migration. (kdi)
Wo beginnen? Und wie? – Waël Ali, der in Frankreich lebende syrische Regisseur, tut sich schwer. «Bonsoir», sagt Ali, «Guten Abend.» Das ist ein Anfang, ein ziemlich guter eigentlich. Neben dem Regisseur steht die libanesische Schauspielerin Chrystèle Khodr, sie lächelt. Ebenfalls auf der Bühne: der Musiker Hadi Deaibess und der Lichtdesigner Hasan Al Balkhi. Sie wären eigentlich lieber nicht sichtbar fürs Publikum. Aber der Regisseur will es so, «sonst geht es nicht», sagt er. Ausgangspunkt für das Stück, das gezeigt werden soll, ist eine Tonbandkassette, die Chrystèle Khodr vor zwanzig Jahren auf dem Estrich im Haus ihrer Eltern gefunden hat. Ihr Onkel Nouri hat die Kassette 1976 aus Schweden geschickt, wohin er mit Frau und Kindern vor dem Krieg im Libanon geflüchtet ist. Auf der Kassette erzählen die vier vom neuen Leben im weit entfernten Land, nahe dem Nordpol, das so anders ist als ihre Heimat, ihr «verlorenes Paradies». Chrystèle Khodr hat die Kassette Waël Ali anvertraut, den sie als zurückhaltenden, bescheidenen Künstler kennengelernt hatte. Mit ihm wollte sie die Geschichte ihrer Familie auf die Bühne bringen – «einer Familie, von der in hundert Jahren kein einziges Mitglied im selben Land geboren und gestorben ist». «Bonsoir», sagt Waël Ali erneut. In seinem Prolog, der wesentlicher Bestandteil des Stücks ist, erzählt er von der Schwierigkeit seiner Arbeit als Regisseur, mit dem Stoff umzugehen. Er gesteht, dass seine üblichen künstlerischen Herangehensweisen sich als untauglich erwiesen hätten. Wie eine Geschichte fassen, die an das Schicksal von Generationen rührt, die Krieg, Exil und Migration erlebt haben? Eine Geschichte, die sich unablässig wiederholt und in den Erinnerungen der Menschen tiefe Spuren hinterlässt. «Titre provisoire» ist eine behutsame Spurensuche entlang eines zufällig gefundenen Dokuments. Erzähltes, Erinnertes, Vermutetes und Imaginiertes bilden allmählich eine feine Linie, die Vergangenheit und Gegenwart verbindet. So entsteht nicht nur das Porträt einer Familie, sondern das Bild einer anhaltend von Krieg und Flucht geprägten Region. Die auf der Bühne anwesenden Künstlerinnen und Künstler sind alle selber von Migration betroffen. Deshalb sind sie in jeder Hinsicht Teil dieser leisen, wehmütigen Inszenierung, als Mitwirkende, aber ebenso als Zeuginnen und als Zeugen. (kdi)
Konzept & Text | Chrystèle Khodr und Waël Ali |
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Mit | Chrystèle Khodr, Hasan Al Balkhi, Hadi Deaibess, Waël Ali |
Regie | Waël Ali |
Bühnenbild | Bissane Al Charif |
Musik | Hadi Deaibess |
Lichtdesign | Hasan Al Balkhi |
Video | Toni Geitani |
Übertitelung | Sandra Hetzl (Übersetzung) |
Produktion | Sens Interdits − Festival international de théâtre |
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Koproduktion | Zoukak Theater Company & Cultural Association Beirut, Institut français de Beyrouth, Les Subsistances − Laboratoire international de création artistique Lyon, Festival Les Rencontres à l’échelle –Les Bancs Publics Marseille |
Unterstützung | DRAC Auvergne-Rhône-Alpes, Mophradat, AFAC The Arab Fund for Arts & Culture, Ettijahat – Independent Culture, Goethe-Institut Beirut, Spedidam |
Residenz | Studio Zoukak Beirut, Les Subsistances− Laboratoire international de création artistique Lyon, Théâtre des Asphodèles Lyon, Le Tandem − Scène national, Arras |
Premiere | Festival Sens Interdits Lyon, Oktober 2017 |
Foto | Didier Nadeau |
60 mins.
Arabic, French
German, Arabic